„Wusstest Du da eijentlich, dat mir i Eschemich och Zijeunern hatte?“
Diese Frage unserer Freundin Lori Schmallenbach aus Netphen, die die Jugendfreundin von Anita Faber war, auf einer Fahrt zu einem Arzttermin, bildete den Ausgangspunkt einer Recherche auf den Spuren zweier Sinti-Familien in Netphen-Eschenbach zur Zeit des Nationalsozialismus. Es wurde eine Spurensuche, die nicht einfach werden sollte.
Im Stadtarchiv Netphen fand sich lediglich eine Akte, die Ihren Ursprung schon im Kaiserreich hatte und den Titel „Amt Netphen, Haupt-Akten, betreffend Zigeunerwesen“ trug, jedoch lediglich amtliche Papiere allgemeiner Natur enthielt. Dennoch bestärkte sie uns in unserer Suche. Denn auf der Rückseite des letzten Dokumentes fand sich der Vermerk des Amtsbürgermeisters „Zigeuner sind hier nicht mehr vorhanden.“
Dieser Satz brachte uns die Gewissheit, dass der Hinweis von Lori Schmallenbach richtig war, aber ohne einen Namen würde unsere Suche nicht weiterführen.
Die jahrzehntelangen Erfahrungen als passionierter Ahnenforscher eines unserer Mitstreiter und damit verbunden eventuell unkonventionell anmutende Forschungsmethoden, führten zu einem der ältesten Bewohner Eschenbachs und brachten einen gewichtigen und zugleich überraschenden Erfolg. Der Mann hatte nach der Schließung und späteren Räumung der Eschenbacher Volksschule das Klassenbuchs seines Jahrgangs aus dem Müllcontainer geholt. Er erinnerte sich an die Familien, da zwei der Jungs in seiner Klasse gewesen waren, während diese in Eschenbach waren. Und tatsächlich fanden sich deren Namen in dem Klassenbuch eingetragen.
Quelle: Eintrag über die Aufnahme im Klassenbuch am 18.04.1939
Quelle: Am 16.05.1941 erfolgte eine Austragung
Mit den nun bekannten Namen ließen sich bis heute Spuren von siebzehn Angehörigen zweier Familien finden, die Bezüge zu Eschenbach hatten. Ihre Spuren führen nach Dachau, nach Buchenwald, nach Ravensbrück, nach Auschwitz.
Wir konnten den Namen nur einer Frau ermitteln, die den faschistischen Mördern entkommen konnte.
Lokalzeit Südwestfalen vom 08.08.2013
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